Wie ist so herrlich die Winternacht, Es glänzt der Mond in voller Pracht
Mit den silbernen Sternen am Himmelszelt. Es zieht der Frost durch Wald und Feld
Und überspinnet jedes Reis – Und alle Halme silberweiß.
Er hauchet über dem See und im Nu, Noch eh` wir`s denken, friert er zu.
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798 – 1874) : Winternacht
Gestern
Alexander Puschkin (1799 – 1837)
Erst gestern war es, denkst du daran?
Es ging der Tag zur Neige.
Ein böser Schneesturm da begann
und brach die dürren Zweige.
Der Sturmwind blies die Sterne weg,
die Lichter, die wir lieben.
Vom Monde gar war nur ein Fleck,
ein gelber Schein geblieben.
Und jetzt? So schau doch nur hinaus:
Die Welt ertrinkt in Wonne.
Ein weißer Teppich liegt jetzt aus.
Es strahlt und lacht die Sonne.
Wohin du siehst: Ganz puderweiß
geschmückt sind alle Felder.
Der Bach rauscht lustig unterm Eis,
nur finster stehn die Wälder.
Nein, wer hätte das gedacht
beim Zur-Schule-Gehn!
Heute morgen um halb acht
war noch nichts zu sehn.
Keine Flocke rings im Kreis –
jetzt ist alles zuckerweiß.
Wie das wirbelt, tanzt und sprüht!
Weiß ist jedes Haus.
Unsre Schule selber sieht
wie ein Schneemann aus.
Jungens, Bälle nun gemacht!
Heut‘ gibt’s eine Schneeballschlacht.
Adolf Holst (1867-1945)
Nein, wer hätte das gedacht
Der erste Schnee – F. Güll (1812-1879)
Ei, du liebe, liebe Zeit,
ei, wie hat’s geschneit, geschneit!
Rings herum, wie ich mich dreh‘,
nichts als Schnee und lauter Schnee.
Wald und Wiesen, Hof und Hecken,
alles steckt in weißen Decken.
Aber dann, wenn‘ s noch so stürmt,
wird ein Schneemann aufgetürmt,
dick und rund und rund und dick,
steht er da im Augenblick.
Auf dem Kopf als Hut ’nen Tiegel
und im Arm den langen Prügel
und die Füße tief im Schnee
und wir rings herum, juhe!
Spaß in Schnee und Eis
Der See ist zugefroren
Und hält schon seinen Mann.
Die Bahn ist wie ein Spiegel
Und glänzt uns freundlich an.
Das Wetter ist so heiter,
Die Sonne scheint so hell.
Wer will mit mir ins Freie?
Wer ist mein Mitgesell?
Da ist nicht viel zu fragen:
Wer mit will, macht sich auf.
Wir geh’n hinaus ins Freie,
Hinaus zum Schlittschuhlauf.
Was kümmert uns die Kälte?
Was kümmert uns der Schnee?
Wir wollen Schlittschuh laufen
Wohl auf dem blanken See.
Da sind wir ausgezogen
Zur Eisbahn alsobald,
Und haben uns am Ufer
Die Schlittschuh angeschnallt.
Das war ein lustig Leben
Im hellen Sonnenglanz!
Wir drehten uns und schwebten,
Als wär’s ein Reigentanz
Friedrich Wilhelm Güll (1812 – 1879)
Vom Büblein auf dem Eis
Gefroren hat es heuer
Noch gar kein festes Eis.
Das Büblein steht am Weiher
Und spricht so zu sich leis´:
„Ich will es einmal wagen,
Das Eis, es muss doch tragen.“
Wer weiß?
Bäume – die neuen Stars
Reinick (1805-1852) – Winterlust
Wohin man schaut, nur Schnee und Eis, Der Himmel grau, die Erde weiß;
Hei, wie der Wind so lustig pfeift, Hei, wie er in die Backen kneift,
Doch meint er´s mit den Leuten gut, Erfrischt und stärkt, macht frohen Mut.
Ihr Stubenhocker, schämet euch, Kommt nur heraus, tut es uns gleich.
Bei Wind und Schnee auf glatter Bahn, Da hebt erst recht der Jubel an!
Johann Gaudenz von Salis-Seewis (1762-1834)
Winterlied
Das Feld ist weiß, so blank und rein,
Vergoldet von der Sonne Schein,
Die blaue Luft ist stille;
Hell, wie Kristall
Blinkt überall
Der Fluren Silberhülle.
Von Reifenduft befiedert sind
Die Zweige rings, die sanfte Wind´
Im Sonnenstrahl bewegen.
Dort stäubt vom Baum
Der Flocken Pflaum
Wie leichter Blütenregen.
Wohlan! auf festgediegner Bahn,
Klimm ich den Hügel schnell hinan,
Und blicke froh ins Weite;
Und preise den,
Der rings so schön
Die Silberflocken streute
Gut bedacht
Stürme, Dezember, vor meinem Gemach, Hänge, Zapfen von Eis an das Dach;
Nichts doch weiß ich vom Froste; Hier am wärmenden, trauten Kamin
Ist mir, als ob des Frühlings Grün rings um mich rankte und sprosste.
Adolf Friedrich von Schack (1815 – 1894) – Am Kamin
Schritte knirschen in Schneemusik und Winde stäuben die Flocken zurück
auf die weiß überschleierten Bäume. Und Bänke stehen wie Träume.
Selma Meerbaum-Eisinger (1924-1942) – Farben
Landtraum – auch im Winter, wenn es schneit
Weiss ist der Garten, wohin ich auch seh. Winter, willkommen mit Eis und mit Schnee!
Vöglein, ihr kleinen, auch ihr sollt euch freuen, Körner und Krumen woll’n wir euch streuen.
Schneit’s auch noch toller um Hecken und Höhn, heissa-juchhe, auch der Winter ist schön.
Adolf Holst (1867-1945) – Im Wintergarten
Ein großer Teich war zugefroren;
Die Fröschlein, in der Tiefe verloren,
Durften nicht ferner quaken noch springen,
Versprachen sich aber, im halben Traum:
Fänden sie nur da oben Raum,
Wie Nachtigallen wollten sie singen.
Der Tauwind kam, das Eis zerschmolz,
Nun ruderten sie und landeten stolz
Und saßen am Ufer weit und breit
Und quakten wie vor alter Zeit.
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Ein großer Teich war zugefroren
Indem man sich nunmehr zum Winter wendet,
Hat es der Dichter schwer,
Der Sommer ist geendet,
Und eine Blume wächst nicht mehr.
Was soll man da besingen?
Die meisten Requisiten sind vereist.
Man muss schon in die eigene Seele dringen –
Jedoch, da haperts meist.
Man sitzt besorgt auf seinen Hintern,
Man sinnt und sitzt sich seine Hose durch,
Da hilft das eben nichts, da muss man eben überwintern
wie Frosch und Lurch.
Klabund (1890 – 1928) – Winterschlaf
Winter-Wanderungen im Traumland
Schleierhaftes Allwardtshof?
Es heben sich vernebelt braun die Berge aus dem klaren Weiß,
Und aus dem Weiß ragt braun ein Zaun, steht eine Stange wie ein Steiß.
Ein Rabe fliegt, so schwarz und scharf, wie ihn kein Maler malen darf,
Wenn er’s nicht etwas kann. Ich stapfe einsam durch den Schnee.
Vielleicht steht links im Busch ein Reh. Und denkt: Dort geht ein Mann.
Joachim Ringelnatz (1883-1934) – Stille Winterstraße
Von Pennewitt über den „Alten Pfarrhof“ nach Warin
an Pferdeweide
Rund um den Glammsee
Blick nach links . . .
Von Warin nach Waldheim
Ganz in der Nähe: verborgene Schätzchen
Es führt ein Weg nach Nirgendwo
Winter noch nicht fort – Frühling noch nicht da: hat trotzdem was
Der Schnee, der gestern noch in Flöckchen
Vom Himmel fiel
Hängt nun geronnen heut als Glöckchen
Am zarten Stiel.
Schneeglöckchen läutet, was bedeutet’s
Im stillen Hain?
Friedrich Rückert (1788-1866)
Schneeglöckchen